Die Diskussionen auf der Potsdamer Konferenz für Nationale Cybersicherheit versuchten die ganze Bandbreite des Schlagworts abzudecken: Was tun gegen Desinformation? Ist die Cloudifizierung ein Segen oder ein Fluch? Und kann KI die Cybersicherheit zerstören – oder doch retten? Auf solche Fragen definitive Antworten zu finden, gelang auch den im Hasso-Plattner-Institut (HPI) versammelten Experten kaum. Aber vor allem die Sicherheitsorganisationen gaben Einblicke in ihre Wahrnehmung.
Diese ist primär von der Bedrohungslage durch Russland geprägt. Deutschland und Russland seien nicht im Krieg, sondern weiterhin im Frieden, aber: "Es ist ein anderer Frieden denn 2022", beschrieb Generalmajor Jürgen Setzer, stellvertretender Inspekteur für die Teilstreitkraft Cyber- und Informationsraum (CIR) der Bundeswehr, seine Sicht. Dass das mit einer deutlichen Stärkung der eigenen Fähigkeiten auf allen Ebenen einhergehen müsse, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Die Bundeswehr sei für die "Siegfähigkeit" auch auf dem "Gefechtsfeld CIR" gut aufgestellt, allerdings gebe es bei den elektromagnetischen Mitteln noch Nachholbedarf. Angesichts der russischen Maßnahmen gegen westliche Staaten sei für ihn allerdings klar: "Es gibt keine Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit bei hybrider Bedrohung."
Dass die Lage alles andere als friedlich sei, beschrieben auch der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Sinan Selen ("Wir sehen eine hohe Risikobereitschaft, sogar Personenschäden werden hier in Kauf genommen") und die Präsidentin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, Claudia Plattner ("die Lage ist und bleibt angespannt und das ist und bleibt besorgniserregend").
Dass insbesondere Russland derzeit gefährlichster Urheber von Angriffen auf digitale Endpunkte sei, daran äußerten weder Sicherheitsbehörden noch Vertreter von Wissenschaft, Wirtschaft oder Zivilgesellschaft am HPI Zweifel. Und daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern, schätzt BfV-Vize Selen: "Wir gehen davon aus, dass auch nach einem Waffenstillstand Russlands Angriffe gegen NATO und EU fortgeführt werden." Die Sicherheitsbehörden vermuten, dass Cyberangriffe oft zwei Zielen zugleich dienten. "Wenn es richtig blöd läuft, liegen zwischen Spionage und Sabotage nur zwei Klicks", sagte Plattner in Potsdam.
Was in der jetzigen Situation helfe, da gingen die Meinungen bei der Konferenz dann aber doch deutlich auseinander. So betrachtet der Leiter der Zentralstelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS), Wilfried Karl, die Cloud unter gewissen Voraussetzungen wie souveränem Betrieb als Teil der Lösung der IT-Sicherheitsprobleme. Manuel Atug von der Arbeitsgemeinschaft Kritis hingegen konstatierte, dass es in den meisten Fällen überhaupt nicht um "shiny Glitzer"-Lösungen gehe. Sondern dass ganz grundlegende Dinge weiterhin die größten Probleme bereiteten: "Jeder will Wiederherstellung, keiner will Backup", sagte Atug er.