Am Wochenende sorgten Medienberichte über eine geplante Gesetzesänderung für Aufregung: Mit dem geplanten "Solarspitzengesetz" seien Kontrollmöglichkeiten für Wechselrichter von Photovoltaikanlagen vorgesehen, die Netzbetreiber ermöglichen, bei Überangebot die Stabilität der Netze zu sichern. Da viele dieser Anlagen oder ihre Komponenten von chinesischen Herstellern stammen, schaffe die Gesetzesnovelle ein massives Sicherheitsrisiko. Einen solchen direkten Zusammenhang gibt es jedoch nicht, wie etwa der Bundesverband Solarwirtschaft e. V. auf Nachfrage bestätigt.
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Die vorgeschlagenen Änderungen am Energiewirtschaftsgesetz waren Gegenstand einer Anhörung am Mittwoch vergangener Woche im Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie. Ziel des Gesetzes ist es, die Spitzen in der Photovoltaikeinspeisung zu glätten. Eine zentrale Maßnahme: In Zeiten negativer Strompreise soll keine Einspeisevergütung gezahlt werden.
Geplant ist aber nicht nur diese finanzielle Maßnahme, sondern auch eine technische: Das Wort "Steuerung" taucht im Gesetzentwurf 171 Mal auf. Dass zur Abregelung bei Überschüssen etwa die Cloud-Dienste der Hersteller genutzt werden sollen, findet sich im Text nicht. Laut Medienberichten vom Wochenende hätte in diesem Zusammenhang das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Bedenken ob der IT-Sicherheit angemeldet. Das BSI will das auf Anfrage von heise online nicht bestätigen. Die Behörde äußere sich grundsätzlich nicht zu Gesetzesvorhaben, heißt es.
Zu den geplanten Änderungen wurde unter anderem der Bundesverband Solarwirtschaft als einer von zehn Experten vom Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie angehört. heise online hat den Interessenverband daher gefragt, ob die Änderungsvorschläge oder das Gesetz die Steuerung über Hersteller-Clouds vorsehen oder andeuten. Die Antwort:
"Nein, derartiges wird nach unserer Kenntnis vom vorliegenden Gesetzesentwurf nicht gefordert", erklärt ein Sprecher des Bundesverbands Solarwirtschaft gegenüber heise online. Die digitale Sicherheit des Stromsystems gelte es selbstverständlich zu gewährleisten. "Die in § 94 EEG-E geplante Verordnungsermächtigung gibt dem Wirtschaftsministerium [BMWK] und den Übertragungsnetzbetreibern lediglich die grundsätzliche Möglichkeit, die Einspeisung von Solaranlagen zu begrenzen, wenn dies zur Sicherstellung eines systemdienlichen Betriebs der Anlagen notwendig ist."
Der Bundesverband Solarwirtschaft e. V ergänzt: "Die Ermächtigung umfasst dabei nur Anlagen in der Einspeisevergütung, also kleinere PV-Anlagen unter 100 Kilowatt Peak (kWp). Die Verordnungsermächtigung ermöglicht dem BMWK, für die Übertragungsnetzbetreiber eine weitere Handlungsoption zur besseren Systemintegration der kleineren Photovoltaikanlagen zu schaffen. Dies stärkt die Systemstabilität." Zudem macht er deutlich: "Anders als in den Medien am Wochenende dargestellt, führt § 94 EEG-E keine Steuerung von PV-Anlagen über Wechselrichterhersteller ein. Es handelt sich lediglich um eine Verordnungsermächtigung an das BMWK, diesen Sachverhalt zu regeln."
Der Bundesverband führt weiter aus: "Sollte das BMWK eine Verordnung erlassen, sind dabei selbstverständlich das heute schon geltende Kritis-Dachgesetz und die sich ebenfalls im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Kritis-Verordnungen und das NIS 2 (Zweite EU-Richtlinie zur Netzwerk- und Informationssicherheit) Umsetzungsgesetz einzuhalten." Hierdurch würden für diese Anlagen kleiner 100 kW weiterhin dieselben Sicherheitsstandards wie heute schon für große PV- und Windparks gelten. Auch lasse die Verordnungsermächtigung Spielraum für zusätzliche Sicherheitsstandards.
Unabhängig von der geplanten Gesetzesnovelle bestehen grundsätzliche Bedenken zur Sicherheit der Hersteller-Clouds von Wechselrichtern. Viele dieser Wechselrichter stammen von chinesischen Herstellern. Der Bayerische Rundfunk zitiert das BSI mit den Worten, dass "die Zentralregierung in Peking über die internetfähigen Komponenten von Solaranlagen direkten Einfluss auf einen systemrelevanten Teil der deutschen Stromversorgung" nehmen könne.
Diese Bedenken sind nachvollziehbar. Ende vergangenen Jahres hatten etwa Deye- und Sol-Ark-Wechselrichter in den USA den Betrieb eingestellt – allerdings war hier eine "Prüfung des Autorisierungsstatus" ausschlaggebend. Dennoch zeigt der Vorfall, dass die Anlagen gegebenenfalls bösartig gezielt zur Destabilisierung von Netzen missbraucht werden könnten. Das ist allerdings losgelöst von dem "Solarspitzengesetz" zu betrachten, einen direkten Zusammenhang gibt es nicht.
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